Warten auf einen Festvertrag.
RR Freitag, 3. März 2023 von RR

Arbeitgeberverband will längere Arbeitszeiten

Zu wenig Bock auf Arbeit?

Steffen Kampeter, Chef von Deutschlands Arbeitgeberverband (BDA) hatte jüngst in diversen Zeitungen, so auch im Offenburger Tageblatt vom 25. Februar 2023, ein Statement zur Viertagewoche abgegeben. Darin nannte er die Rente mit 63 eine „offenkundige Fehlleistung der Politik“ und, dass eine gute Work-Life-Balance auch mit 39 Stunden Arbeit in der Woche möglich ist. Kampeter fordert mehr Lust auf Arbeit und längere Arbeitszeiten.

Nach 45 Arbeitsjahren die Nase voll!

Leider hat sich auch Kampeter nicht die Frage gestellt, weshalb denn immer mehr Arbeitnehmer bereit sind, hohe Abschläge in Kauf zu nehmen, damit sie mit 63 oder gar früher in Rente gehen können. Dafür muss es doch einen Grund geben. Es wäre auch interessant zu wissen, welche Berufsgruppen oder Arbeitnehmer früher in Rente gehen. Sind es vielleicht die unteren Einkommensgruppen, die nicht als Ewigstudent irgendwann ins Berufsleben gestoßen sind? Die mit 15 Jahren ins Berufsleben gewechselt haben und nach 4o oder 45 Jahren einfach die Nase voll haben? Vom ständig zunehmen Stress, der Arbeitsverdichtung, weil Personal fehlt und so weiter?

Wo "lebt" Kampeter?

Ist dem Chef des BDA bekannt, dass es in Deutschland massig Mehrarbeitsstunden gibt. Und das, obwohl jeder Arbeitgeber jedem Arbeitnehmer per Arbeitsvertrag garantiert, dass er soviel Personal vorhält, damit die 39 oder 35 Wochenarbeitsstunden nicht überschritten werden müssen?
All diese Gesichtspunkte sollen laut Steffen Kampeter den Arbeitnehmern mehr Lust an der Arbeit bringen? Ich weiß nicht, wo Kampeter „lebt“. Für mich sieht das so aus, dass er die Bodenhaftung verloren hat und nicht weiß, was das Arbeitnehmertum umtreibt. Längere Arbeitszeiten sind dann möglich, wenn sich Arbeitnehmer aus freien Stücken dazu entscheiden. Und das werden sie tun, wenn ihnen die Arbeit Spaß macht und das Gesamtpaket mit Arbeitszeiten, Einkommen, sozialen „Bonbons“ etc. stimmt. Nicht zu vergessen die Frage aller Fragen: „Weshalb sollen Arbeitnehmer länger arbeiten, wenn sich dadurch die Rente eh nicht erhöht?“

Herr Kampeter, meine Schulnote an Sie: „Setzen. Thema verfehlt. Note 6.“ So wenig Empathie und Wertschätzung für Menschen, die mehr als das halbe Leben gearbeitet haben oder noch arbeiten werden, ist kein Vorbild.

Reinhard Ringwald
Landesvorsitzender DJG-BW

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