Herausforderungen

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RR Freitag, 23. August 2024 von RR

Lage im öffentlichen Dienst verschärft sich

Herausforderungen

Der öffentliche Dienst in Deutschland steht vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die sich in den letzten Jahren verschärft haben. Dabei spielen Themen wie der demografische Wandel, Personalmangel, Digitalisierung und steigende Anforderungen durch Bürokratie und Migration eine zentrale Rolle.

In diesem Bericht werden diese Themen beleuchtet, wobei der Fokus auf den strukturellen Defiziten und möglichen Lösungsansätzen liegt. Zusätzlich wird die Rolle der Politik und der Einfluss auf die Arbeitsbedingungen sowie die Attraktivität des öffentlichen Dienstes thematisiert. Der Personalmangel im öffentlichen Dienst ist ein akutes Problem, das in den letzten Jahren an Dringlichkeit zugenommen hat. Derzeit sind über 550.000 Stellen unbesetzt, obwohl die Zahl der Beschäftigten kontinuierlich steigt. Laut Volker Geyer, stellvertretender Vorsitzender des DBB Beamtenbund und Tarifunion, resultiert dieser Widerspruch aus einer immer komplexer werdenden Gesetzgebung und den zusätzlichen Anforderungen durch Migration und die Alterung der Gesellschaft. Diese Überlastung führt dazu, dass immer mehr Beschäftigte den öffentlichen Dienst vorzeitig verlassen und der Nachwuchs nicht ausreicht, um die freiwerdenden Stellen zu besetzen.

Demografischer Wandel und Attraktivitätsprobleme

Ein wesentlicher Faktor für den Personalmangel ist der demografische Wandel. In den nächsten zehn Jahren wird ein Drittel der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Ruhestand gehen, was den Mangel weiter verschärfen wird. Bereits jetzt sind viele Mitarbeiter überlastet und psychisch sowie physisch angeschlagen, was die frühzeitige Pensionierung weiter vorantreibt.
Hieraus ergibt sich ein Kreislauf der Überlastung, der durch unbesetzte Stellen weiter verstärkt wird. Trotz vermeintlicher Vorteile wie Arbeitsplatzsicherheit und guter Altersvorsorge ist der öffentliche Dienst für viele potenzielle Bewerber nicht mehr attraktiv genug. Die Löhne in der freien Wirtschaft sind in vielen Bereichen deutlich höher, und die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst werden oft als starr und unflexibel empfunden. Um den öffentlichen Dienst wieder attraktiver zu machen, fordern Verbände wie der DBB flexiblere Arbeitszeitmodelle, die beispielsweise Sabbaticals oder das Ansparen von Lebensarbeitszeit erlauben. Diese Flexibilisierungsmaßnahmen könnten die Attraktivität des öffentlichen Dienstes vor allem für jüngere Generationen steigern.

Digitalisierung und Bürokratie im öffentlichen Dienst

Die Digitalisierung im öffentlichen Dienst ist ein weiteres großes Thema, das häufig mit dem Personalmangel in Verbindung gebracht wird. Während die Digitalisierung vielerorts als Lösung für administrative Engpässe gesehen wird, hinkt der öffentliche Dienst hier erheblich hinterher. Einer der Hauptgründe hierfür liegt in den föderalen Strukturen Deutschlands, bei denen Bund, Länder und Kommunen jeweils ihre eigenen IT-Lösungen entwickeln, was zu einem langsamen Fortschritt führt.

Fehlende Standardisierung

Ein zentrales Problem in der Digitalisierung des öffentlichen Dienstes ist das Fehlen von einheitlichen Systemen. Wie Geyer im Interview betont, arbeiten die verschiedenen Ebenen des öffentlichen Dienstes mit unterschiedlichen Systemen und Ansätzen, was Synergieeffekte verhindert. Dies hat zur Folge, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen stagniert und bestehende Systeme nicht optimal genutzt werden können. Der DBB fordert daher eine stärkere Standardisierung, um die Digitalisierung zu beschleunigen und die Effizienz in der Verwaltung zu erhöhen.

Bürokratieaufwand und Migration

Ein weiterer Faktor, der die Arbeit des öffentlichen Dienstes verlangsamt, ist der immense Bürokratieaufwand, der durch immer neue Gesetze und Verordnungen entsteht. Besonders die Migration hat hier zusätzliche Arbeit geschaffen, was sich insbesondere in Bereichen wie Schulen und Ämtern bemerkbar macht. Der Zuwachs an Migration erfordert mehr Personal und verstärkt den Druck auf die ohnehin schon überlasteten Behörden.

Herausforderungen durch Migration

Die Migration ist einer der Faktoren, die den öffentlichen Dienst in den letzten Jahren stark gefordert haben. Besonders Schulen, Jobcenter und kommunale Behörden sind mit einer Flut von Aufgaben konfrontiert, die durch die Zuwanderung entstehen. Diese Aufgaben reichen von der Bearbeitung von Asylanträgen bis hin zur Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt und das Bildungssystem.

Zusätzlicher Arbeitsaufwand

Die hohe Zahl von Migranten hat zu einem erheblichen Anstieg des Arbeitsaufwands in den Jobcentern und anderen Behörden geführt. So muss beispielsweise die Bundesagentur für Arbeit, die größte Behörde Deutschlands, zunehmend Aufgaben übernehmen, die mit der Integration von Migranten verbunden sind. Diese zusätzliche Belastung erschwert es den Behörden, ihre eigentlichen Aufgaben effizient zu bewältigen.

Problematik der Bürokratie

Ein weiterer Punkt, der im Zusammenhang mit der Migration oft kritisiert wird, ist der Bürokratieaufwand, der durch komplexe Verfahren entsteht. Viele der Prozesse, die für die Integration von Migranten notwendig sind, könnten durch eine vereinfachte Bürokratie und den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) erheblich beschleunigt werden. Einige Behörden, wie das Sozialamt in Nürnberg, setzen bereits KI ein, um bestimmte Anträge automatisiert zu bearbeiten, doch dies bleibt die Ausnahme. Laut einer Studie von EY könnten durch den Einsatz von KI bis zu 165.000 Arbeitskräfte in der Verwaltung eingespart werden, was eine mögliche Entlastung der überlasteten Behörden bedeuten könnte.

Zukunftsperspektiven und Lösungsansätze

Um die Herausforderungen des öffentlichen Dienstes in den Griff zu bekommen, müssen verschiedene Lösungsansätze verfolgt werden. Der DBB plädiert für eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes, die sich nicht nur auf bessere Löhne beschränkt, sondern auch flexiblere Arbeitszeitmodelle und modernere Arbeitsbedingungen umfasst. Eine stärkere Digitalisierung und Standardisierung könnten dazu beitragen, den Personalmangel abzumildern und den Arbeitsalltag der Beschäftigten zu erleichtern.

Attraktivität steigern

Ein zentraler Punkt, um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen, ist die Flexibilisierung der Arbeitszeit. Modelle, bei denen Beschäftigte selbst entscheiden können, ob sie mehr Geld oder mehr freie Tage möchten, könnten vor allem junge Menschen anziehen. Auch die Möglichkeit, ein Sabbatical zu nehmen oder die Lebensarbeitszeit flexibel zu gestalten, sind Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, den öffentlichen Dienst für neue Bewerber attraktiver zu machen.

Digitalisierung vorantreiben

Die Digitalisierung des öffentlichen Dienstes bleibt eine der wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre. Es bedarf einer besseren Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um einheitliche IT-Systeme zu implementieren und Synergieeffekte zu nutzen. Der Einsatz von KI könnte dabei helfen, Routineaufgaben zu automatisieren und die Mitarbeiter zu entlasten, sodass diese sich auf komplexere Aufgaben und den direkten Bürgerservice konzentrieren können.

Digitaler Wandel

Fazit

Der öffentliche Dienst in Deutschland befindet sich in einer Krise, die vor allem durch den demografischen Wandel, Personalmangel, Digitalisierungslücken und steigende Anforderungen durch die Migration verursacht wird. Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es einer umfassenden Reform, die sowohl die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verbessert als auch die Effizienz der Verwaltungsprozesse steigert. Nur durch eine gezielte Attraktivitätssteigerung und eine verstärkte Digitalisierung kann der öffentliche Dienst zukunftsfähig gemacht werden.

Reinhard Ringwald
Landesvorsitzender DJG-BW

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