Alle Jahre wieder

Renate Conrath Mittwoch, 30. November 2022 von Renate Conrath

Warum wird man aus Schaden nicht klug?

Alle Jahre wieder

Der 31. 12. steht vor der Tür und wieder stellen viele Bedienstete mit Erstaunen oder auch Entsetzen fest, dass sie viele Überstunden haben, die zu verfallen drohen. Aber warum ist dem so? Jeder kann entsprechend seiner AKA bis zu 41 Stunden beziehungsweise 20,5 Stunden ins neue Jahr mitnehmen. Vielen Bediensteten am Jahresende Überstunden im zweistelligen Bereich, die über die erlaubte Stundenzahl hinausgehen.

Mit dem Versuch noch vor dem Jahreswechsel Stunden abzufeiern, wird schon wieder der Grundstein für neue Überstunden gelegt. Denn wie sieht es aus?

Hamsterrad

Während der Abwesenheit bleiben Teile der Arbeit liegen, weil die Kollegin oder der Kollege nur das Notwendigste in der Vertretung machen kann, weil sie oder er selber genug zu tun hat. Nach der Rückkehr werden erneut Überstunden aufgebaut, weil die Rückstände sonst nicht anders abzuarbeiten sind. Kurzum ist man im berühmten Hamsterrad. Spätestens jetzt sollte man sich selbst die Frage stellen: ”Warum schaffe ich es in der regulären täglichen Arbeitszeit nicht, meine Arbeit zu bewältigen und warum produziere ich ständig neue Überstunden?” Und wenn ich bis zu 41 oder 20,5 Überstunden anhäufe, kann man einem kaum den Vorwurf machen, nicht bereit gewesen zu sein. Mehrarbeit zu leisten.

Wie sieht es nun aus, wenn man es nicht schafft, bis zum Jahresende die über 41 beziehungsweise 20,5 Stunden hinausgehenden Überstunden abzubauen?

Die Verwaltung weist jegliche Zuständigkeit von sich. Diese muss lediglich rechtzeitig die Mitteilung an die Bediensteten herausgeben, dass die Überstunden abzubauen sind, andernfalls verfallen die nicht angeordnete Überstunden am Jahresende.

Eine förmliche Anordnung von Überstunden wird in der Regel abgelehnt beziehungsweise nur in ganz wenigen Ausnahmesituationen praktiziert. Die Frage ist nun, warum werden keine Überstunden angeordnet?

Hier könnte man annehmen, dass die Verwaltung genau weiß, dass die Mehrzahl der Bediensteten zum einen aus Pflichtbewusstsein und zum anderen aus der Befürchtung heraus, dass entstehende Rückstände sich negativ auf die nächste Beurteilung der Beamtin beziehungsweise des Beamten auswirken könnten, freiwillig Überstunden leistet.

Angst wird ausgenutzt

Deshalb scheuen sich wohl auch viele Beamte beziehungsweise Beamtinnen eine Überlastungsanzeige zu machen. Aber wovor fürchten sich die Tarifbeschäftigten?

Hier muss man sich zu Recht die Frage stellen, wo bleibt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers? Es ist natürlich im Sinne einer jeden Behördenleitung, dem Dienstvorgesetzten zu melden, dass alles in Ordnung ist und die Behörde gut funktioniert.

Die Bediensteten vor Ort sind motiviert um eine funktionierende Justiz zu gewährleisten. Dass durch Personalabbau, Reformen, Nichtbesetzung von vakanten Stellen und steigender Arbeitsbelastung die verbleibenden Bediensteten an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit gelangen, scheint nicht zu interessieren.

Dass dann die Arbeit krankmacht und dies ein schleichender Prozess ist, ist wieder ein anderes Thema.

Papier ist geduldig

Zum Glück gibt es jedes Jahr zu Weihnachten einen schönen Brief unseres Ministerpräsidenten und unseres Justizministeriums, indem man uns für unseren Einsatz und die gute Arbeit, die wir auch unter schwierigsten Bedingungen leisten, dankt.

Das wäre es schon gewesen mit der Wertschätzung.

Aber nein, beinahe hätten wir das Rundschreiben des Dienstvorstandes vergessen, indem er nochmals, wie bereits auf der Weihnachtsfeier, seinen Bediensteten für ihren unermüdlichen Einsatz und ihr Engagement dankt. Aber das war’s dann auch hier!

Alle sollten sich die Frage stellen, will ich was ändern oder will ich so weitermachen?

Im privaten Bereich nimmt man sich für das neue Jahr gute Vorsätze vor. Warum nicht im Berufsleben? Es wäre ein Anfang und führt vielleicht zum Umdenken unseres Arbeitgebers, zukünftig ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen und dieses Personal auch ordnungsgemäß - seiner Leistung entsprechend - zu bezahlen.

Die Fachbereichsvorsitzenden

Rudy Siefermann, mittlerer Dienst
Renate Conrath, Tarif

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